Am 24.11.2021 wurde in Maroua der Grundstein für ein Nähhaus gelegt. Den Anstoß zum Bau dieses Gebäudes gaben bereits vor einigen Jahren drei junge Frauen, die sich nicht dem traditionellen Frauenbild fügen wollten.
Die Mädchen mit den wohlklingenden Namen Astawabi Boubakari, Soumaya Haman und Raihanatou Rayel wären nicht von alleine auf die Idee gekommen, den Wunsch nach einer Schul- und Berufsausbildung zu äußern. Dieser Wunsch passt nicht in das traditionelle Bild der kamerunischen Gesellschaft, in der Männer dominieren und junge Frauen zwangsverheiratet werden.
Die Mädchen sind Halb- und Vollwaisen und arm, womit ihr Schicksal schon besiegelt schien. Doch durch die finanzielle Unterstützung von AFEMDI-Maroua und afemdi-projekte Deutschland e. V. konnten die drei im Frauenzentrum von GIC Avenir Femme eine Ausbildung zur Schneiderin absolvieren. Mittlerweile haben sie ihre Gesellenprüfung bestanden und zur Belohnung vom Verein je eine Tretnähmaschine erhalten. Die Arbeit als Schneiderinnen ermöglicht ihnen heute ein unabhängiges Leben.
Astawabi, Soumaya und Raihanatou und weitere Mädchen, die ihnen in der Ausbildung zur Schneiderin folgten, sind der Grund für den aktuellen Bau des Nähhauses auf dem Gelände des Frauenzentrums „Hirsefeld“ in Maroua, der Provinzhauptstadt in der Provinz Hoher Norden.
Die beiden Mädchen Maiwore Delphine und Kossenda Evelyne leben in Rey Bouba, einem weit abgelegenen Ort in der Region Nord. Maroua liegt für sie in unerreichbarer Ferne, doch auch sie haben die Vorstellung von einer Berufsausbildung zur Schneiderin. Sie möchten selbstbestimmt leben. Ausbildungsstätten oder anerkannte Schneiderwerkstätten gibt es in Rey Bouba nicht. Ausbilder wären allenfalls die extrem konservativen Haus- und Hofschneider aus dem Palast des Lamido oder die ebenso konservativen, alteingesessenen Schneider, die seit Jahrzehnten den Platz auf dem Markt innehaben und weiter vererben. Das Schneiderhandwerk ist in Kamerun grundsätzlich eine Männerdomäne, in die nach und nach die Frauen eindringen. Hilfesuchend haben sich die beiden Mädchen deshalb an den Partnerverein ASRB (Aktion Solidarität Rey Bouba) gewandt.
Ausbildungsort und Zufluchtsstätte
Hier brachte sie eine glückliche Fügung mit Madame Marguerite Maisemba-Ikri zusammen, die ihnen nun das Schneiderhandwerk beibringt. Madame Maisemba-Ikri und ihr Mann sind im Vorstand von ASRB und kümmern sich um insgesamt 19 bedürftige und benachteiligte Kinder aus ihrem Wohnbezirk Kongrong, einem Vorort von Rey Bouba. Der Partnerverein afemdi-projekte Deutschland e.V. unterstützt die Ausbildung von Maiwore und Kossenda finanziell.
Nach kamerunischen Verhältnissen sind die beiden Mädchen inzwischen im heiratsfähigen Alter. Sie wehren sich aber gegen eine Zwangs- und Frühehe und suchen daher auch rechtlichen Schutz über den Partnerverein ASRB, über die Autorität der Lehrer und sogar über die dörfliche Polizeistelle. Bei Madame Maisemba-Ikri sind die Mädchen an einem geschützten Ort, wo sie offen über ihre Probleme sprechen und sich sicher und geborgen fühlen können.
Die Herangehensweise an das konkrete Problem einer gleichwertigen Schulausbildung und Berufsausbildung von Mädchen gegenüber der traditionellen Bevorzugung einer Ausbildung von Jungen haben die beiden Partnervereine AFEMDI-Maroua und ASRB aufgrund der konkreten Möglichkeiten und Gegebenheiten jeweils auf eine andere Art und Weise zugunsten der Mädchen gelöst. Auch wenn wegen der örtlichen und finanziellen Voraussetzungen in Rey Bouba kein Nähhaus gebaut werden kann, wird afemdi den ausbildungswilligen Mädchen die Schul- und Berufsausbildung mit Hilfe von Spenden finanzieren.