Jeder kann es und fast jeder macht es – dank digitaler Technik ist das Fotografieren heutzutage kinderleicht. Doch die wenigsten Aufnahmen bleiben uns dauerhaft in Erinnerung, zu belanglos sind die Motive der täglichen Bilderflut auf Instagram und Co. Die Fotos, die im Rahmen der Ausstellung „Li Gassner – Die Spaziergängerin“ im Burggrafiat in Alzey vom 19. Juni bis zum 17. Juli 2022 ausgestellt sind, laden dagegen zum Staunen und Innehalten ein. 

Künstlerin wider Willen

Die in Karlsruhe geborene und später nach Mainz übergesiedelte Li Gassner (1916-2008) hatte sich bereits in jungen Jahren der Fotografie verschrieben, die sie ihr Leben lang begleitete. Ihre erste Kamera, eine Weltur, bekam sie als Kind von ihrem großen Bruder geschenkt. Damit war ihre künstlerische Leidenschaft geweckt. Später, in den 1930er Jahren, vertiefte sie ihre handwerklichen Kenntnisse an der Kunst- und Gewerbeschule in Mainz. Die Mutter von drei Kindern sah sich selbst nie als Künstlerin und war eher öffentlichkeitsscheu. Ihre erste Ausstellung – mehr gedrängt als gewollt – hatte sie erst mit 64 Jahren, es folgten viele weitere.

Schneelandschaft - Wirkung durch Reduktion

Schneelandschaft – Wirkung durch Reduktion.

Li Gassner hatte ein besonderes Auge für vordergründig unscheinbare Details und wusste deren Schönheit mit ihrer analogen Kamera richtig in Szene zu setzen. Dabei arbeitete sie mit Vergrößerung oder Reduktion, einem bestimmten Ausschnitt und vor allem mit dem Wissen um die Wirkung einer gezielt eingesetzten Belichtung. In ihren Werken wird ihre Liebe zu Natur und Landschaft deutlich, denn ihr Augenmerk richtete sich vor allem auf Naturformen wie Halme, Rost, Holz, Sand, Schnee und Wasser. Viele ihre Fotos entwickelte sie selbst, in einer Dunkelkammer in ihrem Keller. Die Aufnahmen Li Gassners  nehmen uns mit auf ihre Spaziergänge, sie lässt uns durch ihr Auge sehen und an ihrer Wahrnehmung teilhaben.

Erlös geht an afemdi

Rost kunstvoll in Szene gesetzt.

Rost kunstvoll in Szene gesetzt.

Ihr künstlerischer Nachlass hat ihr jüngster Sohn Stefan Gassner dem Verein afemdi-projekte Deutschland e.V. zur Verfügung gestellt. Ganz im Sinne seiner Mutter möchte er damit die Projekte des Vereins zur Förderung analphabetischer Mädchen und Frauen in Kamerun unterstützen. Wer ein Exponat erwirbt, bekommt einen Werkkatalog der Künstlerin und eine einzigartige, im Handel nicht mehr erhältliche Musik-CD dazu.

Adresse: Burggrafiat Alzey, Schlossgasse 11, 55232 Alzey.

Öffnungszeiten: Vom 19. Juni bis 17. Juli 2022 jeweils montags und donnerstags von 16 bis 18 Uhr, mittwochs und samstags von 10 bis 12 Uhr sowie an Sonn- und Feiertagen von 14 bis 18 Uhr. Der Eintritt ist kostenlos. Elke Scheiner, Vorsitzende von afemdi, wird an allen Sonntagen von 14 bis 16 Uhr in der Galerie anwesend sein und Interessierte durch die Ausstellung führen.